Ernst-Georg Graf zu Münster beschreibt 1976 rückblickend seinen Linzer Forst…
(Auszugsweise Abschrift eines Briefes, F. Schneider, September 2024)
…Mein heimatliches Revier in Sachsen hatte ich 1922 als fast reines Kiefernrevier übernommen. Durch ganz systematische Maßnahmen versuchte ich, nach und nach einen möglichst naturnahen Wald daraus zu machen. Es war geradezu erstaunlich, wie die Natur von sich aus jede dieser Maßnahmen unterstützte.
Laubholz-Unterbau auf großen, eingezäunten Flächen brachte unerwartete Ergebnisse. Unterbaut wurden die verschiedensten Laubhölzer, mussten ja auch hier erst Erfahrungen gesammelt werden. […] Sehr bewährt hat sich dabei u.a. die Roteiche, die ein sich besonders gut zersetzendes Laub liefert.
Aber selbst die in Sachsen natürlich nicht standortgemäße Edelkastanie habe ich verwendet. Sie hat den großen Vorteil, dass statt eines zerstörten Triebes zwei noch größere erscheinen und Laub abwerfen.
Die wenigen noch im Revier vorhandenen Rotbuchen – früher: „Aushieb der Rotbuchen“ – wurden nach Freistellung mit Abfällen aus der Landwirtschaft stark gemulcht. Zuwachs und Blattmassen waren daraufhin geradezu unwahrscheinlich.
Am Anfang einer Exkursion mit Forstbeamten zeigte ich ein solches Buchenblatt. Keiner der Beamten konnte mir die Holzart nennen! […]
Durch Anlegen von Stauen an jeder nur irgendwie geeigneten Stelle versuchte ich, das Wasser im Walde zurückzuhalten.
In ehemals bäuerlichen Parzellen mit Streunutzung wurden Abfälle aus der Landwirtschaft eingebracht, die auf dem Komposthaufen unerwünscht waren. Die graugrüne Benadelung der Kiefer verwandelte sich in kurzer Zeit in eine dunkelgrüne und der Zuwachs steigerte sich pro Jahr von knapp 1mm auf mehrere Millimeter.
Alle Spechte, Greifvögel, Reiher, Marder usw. wurden geschont. Jeder Baum, der ein Spechtloch hatte, blieb erhalten, auch dann, wenn er schon lange trocken war. Schwarzspecht, Hohltaube, Dohlen, Mauersegler, Fledermäuse, Eulen usw. waren daher die Bewohner. – Natürlich prophezeiten auch mir die klugen Leute den Untergang des Waldes bei Erhalt dieser „kranken“ Stämme. Aber merkwürdigerweise geschah das Gegenteil. Durch Waldbegänge mit Forstbeamten, Landwirtschaftsschulen, Lehrervereinigungen, durch Lichtbildvorträge usw. versuchte ich, für einen möglichst naturnahen Wald zu werben.
Nach einem solchen Waldbegang sagte mir einmal eine Lehrerin:“Ich danke ihnen so, dass ich mit hierher kommen durfte. Jetzt weiß ich überhaupt erst, was „Wald“ ist.“
[…] Mein Hauptaugenmerk galt auch mit dem Vogelschutz. Sogar den Storch konnte ich wieder ansiedeln. Etwa 1200 künstliche Nistgelegenheiten standen den Vögeln zur Verfügung. Der von mir konstruierte Nistkasten mit der nagellosen Aufhängung ging in vielen tausend Stück in alle Teile Deutschlands. Bei der letzten Nistkastenkontrolle vor Beginn des 2. Weltkrieges war der früher bei uns unbekannte Trauerfliegenschnäpper mit etwa 150 Brutpaaren vertreten. Erstaunlich vermehrt hatte sich sogar der besonders scheue Waldrotschwanz. Die alljährlich durchgeführten Nistkastenkontrollen mit ihren eingehenden Aufzeichnungen brachten eine Fülle interessanter und wertvoller Beobachtungen. […] Viel Aufmerksamkeit brachte ich besonders den nach Westen offenen, kahlen Nadelholz-Waldrändern entgegen, um hier natürliche Windmäntel zu schaffen. Hier ließ ich im Herbst im Park mit seinem artenreichen Laubholzbestand zusammengerechtes Material ausbreiten. Die darin enthaltenen unzähligen Samen sorgten für eine wunderbare, ganz natürliche Begründung des Waldrandes. […]

Ernst-Georg Graf zu Münster 1897 – 1995

Ernst-Georg Graf zu Münster und Förster Franke Schlossplatz Linz 2.1.1939

Begleitheft zu den geführten Waldbegängen

Linz, eingezäunte Forstkultur 1930er Jahre

Linz, eingezäunte Forstkultur 1930er Jahre

Unsere Störche Postkarte Linz 1932
Fotos: Gräflich zu Münstersches Familienarchiv